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Gemeinsame Sprache im Körper

Psychoneuroimmunologie
Die Psychoneuroimmunologie forscht an der Ganzheitlichkeit und Interaktion von Nerven-, Hormon- und Immunsystem.
Warum erkrankt nicht jeder Mensch bei gleicher eindimensionaler Voraussetzung an Grippe oder als Träger des Varicellen-(Windpocken-Virus) an Gürtelrose? Warum aber sind depressive und gestresste Menschen besonders infektionsanfällig? Warum wird bei vielen Menschen im Vorfeld einer Krebserkrankung eine Depression sichtbar? Die Liste solcher Fragen ließe sich beliebig erweitern. Aus den vielen Hinweisen, dass nicht nur die Psyche die Entstehung und Entwicklung von Krankheiten beeinflussen kann, sondern dass sich die Systeme gegenseitig beeinflussen, hat sich dieser neue Forschungszweig entwickelt: die Psychoneuroimmunologie. Sie versucht die gemeinsame Sprache des immunoneuroendokrinen Netzwerkes zu verstehen.
Wir alle wissen, dass das Mittel der Wahl bei der Erkrankung durch neurotrope Viren (Gürtelrose, Warzen) das Besprechen ist – oder eine modernere Form der suggestiven Beeinflussung wie Hypnotherapie. Jetzt beginnt die medizinische Wissenschaft, längst gewusste Zusammenhänge in ihr System beweisend zu integrieren.
Die Psychoneuroimmunologie ist also noch eine junge Disziplin in der psychosomatischen Forschung. Spätestens seit nachgewiesen wurde, dass Stress zur Freisetzung von Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) im Hypothalamus führt, das CRH seinerseits die Ausschüttung von Adrenocorticotropin (ACTH) im Hypophysenvorderlappen bedingt, das ACTH wiederum die Freisetzung von Cortisol aus der Nebennierenrinde stimuliert und dieses Cortisol einen suppressiven Effekt auf Immunzellen hat, musste die bis dahin postulierte Unabhängigkeit von Nerven-, Hormon- und Immunsystems als überholt erklärt werden.
Der Tod und das Immunsystem
Später konnte man eine verminderte Teilungsfähigkeit von Lymphozyten bei Personen feststellen, deren Ehepartner etwa zwei Monate zuvor durch Krankheit oder Unfall verstorben waren. Weiter wurde in einer umfassenden Metaanalyse ein Zusammenhang zwischen Stress und verminderter Stimulierbarkeit von Immunzellen auf Wachstumsreize sowie eine stressbedingte Abnahme der Aktivität natürlicher Killerzellen nachgewiesen. Die Metaanalyse zeigte, dass akuter, weniger als eine halbe Stunde dauernder Stress das Immunsystem aktiviert, während chronischer, länger als einen Monat dauernder Stress immunsupprimierend wirkt. Nervöse Aktivitäten, die durch Psychosoziales ausgelöst werden, haben also einen Einfluss auf endokrinologische und immunologische Prozesse.
Die ersten Forschungen begannen damit, dass Tierversuche zur Konditionierung des Immunsystems durchgeführt wurden und die Forscher feststellen mussten, dass viele ihrer Tiere aus unerklärlichen Gründen starben. Was hatten sie mit ihren Ratten gemacht? Sie hatten den Tieren längere Zeit Flüssigkeit vorenthalten und ihnen dann gleichzeitig mit einer Saccharin-Lösung auch Cyclophosphamid (das zu schweren Nebenwirkungen im Verdauungstrakt und zur Unterdrückung des Immunsystems führt) in den Bauchraum injiziert. Diese mehrmalige Reizkoppelung (ungefährliche Sacccharin-Lösung als konditionierter und immunsupprimierendes Cylcophosphamid als unkonditionierter Reiz) stellte sich als fatal heraus, denn als die Wissenschaftler nach einiger Zeit einer Gruppe von Tieren nur noch Saccharin gaben, reichte die Gabe der Süßstofflösung aus, um das Immunsystem zu unterdrücken. Diese Ergebnisse, die mehrfach repliziert werden konnten, waren sozusagen die Geburtsstunde der Psychoneuroimmunologie.
Während die Psychosomatik lange Zeit postulierte, dass sich einzig und allein psychische Faktoren auf körperliche Prozesse auswirken, liefert die Psychoneuroimmunologie die Daten, dass es auch die somato-psychische Wirkrichtung gibt. Erste Hinweise lieferte die Erforschung des „sickness behavior“, der Konstellation an körperlichen und psychischen Symptomen, die sich allgemein bei der Erkrankung eines Individuums zeigt. So sind Menschen, die etwa an einer Infektionskrankheit leiden müde, sie schlafen mehr, sind schwach, essen und trinken weniger und meiden soziale Kontakte. Während diese Symptome noch vor wenigen Jahren als Ausdruck einer durch den Krankheitserreger oder durch die Auseinandersetzung mit dem Erreger hervorgerufene Schwächung des Körpers angesehen wurde, ist „sick behavior“ aus heutiger psychoneuroimmunologischer Sicht ein überlebensnotwendiges Verhalten, das zur Einhaltung einer krankheitsbedingten Homöostase eingesetzt wird. Der Kranke fiebert, um die Abwehr optimal zu mobilisieren, er schläft viel und isst wenig, um Energien einzusparen, und er meidet soziale Kontakte, um nicht mit weiteren Erregern in Kontakt zu kommen bzw. um die Erreger nicht an andere zu übertragen. Diese physiologischen und psychologischen Reaktionen werden laut des Psychoneuroimmunologen Robert Dantzer von Interleukinen vermittelt. Diese werden bei entzündlichen Prozessen freigesetzt und binden an Strukturen des Hypothalamus. Nach Dantzer könnte auch das subjektive Gefühl von Hilf- und Hoffnungslosigkeit, das sich häufig am Beginn oder bei Fortschreiten einer Krebserkrankung einstellt, sekundär durch Botenstoffe aus Immun- und/oder Tumorzellen hervorgerufen werden.

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