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Leben mit Krebs


Wer mit harter Chemotherapie versucht, auch die letzte Krebszelle umzubringen, erreicht oft das Gegenteil.

Die resistente Nachfolge-Generation wuchert umso schneller.

Ein amerikanischer Biomathematiker glaubt an eine bessere Krebstherapie:  „Leben lassen und (Über-)leben“.
Manche Kriege sind einfach nicht zu gewinnen. Besonders dann nicht, wenn der Feind ständig seine Taktik wechselt und sich weder durch Kanonen noch mit großen Armeen beeindrucken lässt. In der Landwirtschaft hat der integrierte Pflanzenschutz bereits erkannt, dass die großzügig eingesetzte Giftspritze nicht immer die beste Waffe ist. Denn dem scheinbaren Sieg über die Schädlinge folgen schon bald deren Kindeskinder, denen das Gift nichts mehr anhaben kann.

Sensible und hartnäckige Tumore

Möglicherweise können die Onkologen von den Ökologen lernen. Bob Gatenby, Professor am Moffitt Cancer Center in Florida im Bereich „mathematischer Onkologie“, plädierte in einem Nature-Artikel vor kurzem für eine Abkehr vom „Kill-as-much-as-you-can-Prinzip“. Seine Alternative: Eine adaptive Chemotherapie bei Tumoren, bei denen das hochdosierte Krebsmedikament keinen Überlebensvorteil mehr bringt.
Gatenby will seine Idee keinesfalls als Universalansatz für alle Arten von Krebs anpreisen. Hodgkin-Lymphom oder Keimzell-Tumore, wie etwa Hodentumore, aber nur diese, sind mit aggressiver Chemotherapie zu 90 bis 95 Prozent heilbar. Hier gelingt anscheinend die Ausrottung so vieler Tumorzellen, dass das eigene Immunsystem mit dem Rest fertig wird. Andere Krebsarten, wie etwa ein fortgeschrittenes Kolonkarzinom oder Bronchialkarzinome, widersetzen sich dagegen hartnäckig fast jeder Chemotherapie. Wieder andere gewähren dem Arzt ein kurzzeitiges Erfolgserlebnis, um dann als resistente Zellklumpen wieder aufzutauchen. Beim Brustkrebs, so der Schweizer Onkologe Thomas Cerny in der FAZ, verkürzt die Hochdosis-Chemotherapie nachweislich das Leben des Patienten.

Resistente mit Wachstumsnachteil

Tumore sind meist alles andere als eine Ansammlung identischer Klon-Kinder. Besonders Metastasen verlieren im Laufe ihrer Entwicklung den Großteil ihrer Verwandtschaftsmerkmale. So sehr, dass sich nicht mehr bestimmen lässt, wer von wem abstammt, wie der Regensburger Tumorbiologe Christoph Klein meint. Die hochkonzentrierte Giftbrühe nimmt den wenigen resistenten Zellen im Klon den Nachteil, den sie gegenüber ihren sensitiven Artgenossen haben. Sie müssen ihre DNA schneller reparieren, toxische Wirkstoffe aus der Zelle pumpen oder sich zumindest einen alternativen Stoffwechselweg einfallen lassen, den die Agentien blockieren. All das kostet Fitness und Wachstumsvorteile. So sind resistente Lungenkrebszellen gegen Gemcitabin weniger proliferativ, invasiv oder auch weniger beweglich als sensitive.

Wer aber die sensitiven Zellen nicht komplett ausrottet, sondern nur deren Zahl kontrolliert vermindert, der fördert auch nicht die Vermehrung der Schwerbewaffneten unter den Bösen. Ob dieser Ansatz entscheidende Überlebensvorteile in der Klinik bringt, weiß bisher noch keine Studie. Zumindest aber im Labor von Gatenby funktioniert die Idee. Seine Kollegen ließen humane Ovarialkarzinomzellen in Mäusen zum Tumor heranwachsen, um sie danach hochdosiert mit Carboplatin oder je nach Wachstum, kontrolliert mit milderen Dosen anzugehen. Die aggressive Methode zeigte den schnelleren Erfolg, die nachwachsenden resistenten Zellen kosteten jedoch den Mäusen bald danach das Leben. Dagegen überlebten sowohl Tumor als auch Mäuse im anderen Versuchsast im stabilen Gleichgewicht.

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