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Mensch und Schimpanse

Was den Menschen und den Schimpansen unterscheidet

Unterschiede zwischen den Spezies größer als gedacht

Bisher ging man davon aus, dass Mensch und Schimpanse sich in ihrem Erbgut nur geringfügig unterscheiden. Doch jetzt hat ein Team von Wissenschaftlern aus Deutschland, China, Japan, Korea und Taiwan beim direkten Vergleich des Schimpansenchromosoms 22 mit seinem menschlichen Gegenstück, dem Chromosom 21, festgestellt, dass im menschlichen Chromosom fast 68.000 Basenabschnitte verändert, also entweder hinzugekommen oder verloren gegangen sind. Während die meisten dieser Veränderungen keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die Funktion der kodierten Proteine haben, fanden die Forscher bei immerhin 20 Prozent davon wesentliche strukturelle Unterschiede. Rechnet man diese Differenzen auf das gesamte Genom hoch, könnten sich Affe und Mensch in mehreren Tausend Genen unterscheiden – was die Unterschiede zwischen beiden Arten besser erklären würde.

Im Unterschied zum Menschen verfügt der Schimpanse nicht über 46, sondern über 48 Chromosomen. Die Chromosomen 2 und 3 sind im menschlichen Genom fusioniert.

Der Schimpanse Pan Troglodytes ist unser nächster Verwandter, mit dem wir einen gemeinsame Vorfahren teilen, der vor etwa fünf bis sechs Millionen Jahren gelebt hat. Seit langem versucht man deshalb die molekulare Basis jener evolutionären Veränderungen zu entschlüsseln, die zu zwei Organismen mit klaren Unterschieden in Phänotyp und Verhalten geführt haben. Durch den Vergleich zwischen Schimpansen- und Human-Genom will man herausfinden, welche genetischen Veränderungen zu so eindeutig menschlichen Eigenschaften geführt haben, wie Kognition und Bewusstsein, dem aufrechten Gang oder eine veränderte Empfänglichkeit für Krankheiten. Hierbei ging man bisher davon aus, dass die Genome von Mensch und Schimpanse auf der Ebene ihrer Bausteine (Nuleotide) zu 98,6 Prozent übereinstimmen.

Während sich die vergleichende Genomforschung zwischen relativ weit voneinander entfernten Organismen (evolutionäre Distanz zwischen Mensch und Maus: 60 Millionen Jahre) darauf konzentriert, Übereinstimmungen zwischen den Arten zu finden, führt das Schimpansen-Genom eher zu den Unterschieden zwischen Affe und Mensch. Wissenschaftler des „International Chimpanzee Genome Chromosome 22 Sequencing Consortium“ haben jetzt einen kleinen Teil des Erbguts von Mensch und Schimpanse, das menschliche Chromosom 21 und sein Pendant, das Schimpansenchromosom 22, mit bisher unerreichter Genauigkeit analysiert und verglichen. Dabei stellten sie fest, dass die Zahl der geringfügigen Abweichungen – wenn also eine einzelne Base gegen eine andere ausgetaucht war – lediglich 1,44 Prozent beträgt, was bisherige Schätzungen einer 98,6-prozentigen Identität bestätigen würde.

Doch daneben fanden die Forscher fast 68.000 längere Abschnitte im Erbgut, in denen ganze Basenfolgen als Insertion eingebaut oder als Deletion verloren gegangen sind. Damit aber unterscheidet sich die Aminosäuresequenz der von den 231 entdeckten Genen kodierten Proteine bei Mensch und Affe zu 83 Prozent. Allerdings haben die meisten dieser Veränderungen keinen oder nur einen geringfügigen Einfluss auf die Funktion der Proteine. Doch bei immerhin 47 Proteinen, also 20 Prozent, fanden sich wesentliche strukturelle Unterschiede.

Während also viele Proteine bei Schimpanse und Mensch absolut identisch sind, zeigen sich bei einigen Eiweißen strukturelle Unterschiede, die zu andersartigen Funktionen führen können. Wenn man berücksichtigt, dass die Chromosomen 21 bzw. 22 nur etwa ein Prozent des gesamten Erbguts tragen, könnten die Unterschiede zwischen Mensch und Schimpanse mehrere Tausend Gene umfassen. Damit aber wären die genetischen Unterschiede zwischen dem Menschen und seinem nächsten Verwandten doch viel größer und komplexer als bisher vermutet, sagt Marie-Laure Yaspo, Leiterin des Chomosomen-Projekts am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik.

Als Nächstes wollen die Forscher nun ausgewählte Regionen der Geschlechtschromosomen sequenzieren, also die X- und Y-Chromosomen von Mensch und Affe miteinander vergleichen. So ist das X-Chromosom von besonderem medizinischen Interesse wegen der großen Zahl der damit verbundenen Erbkrankheiten, speziell von verschiedenen Formen geistiger Retardierung.

Die Sequenzierung des Chromosoms 22 wurde vom japanischen RIKEN-Institut in Yokohama sowie vom Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin koordiniert und die komplette Sequenz im Juli 2003 veröffentlicht. Danach hat dieses Konsortium auch den unmittelbaren Vergleich beider Chromosomen erarbeitet.

Forscher finden zudem Abweichungen zwischen beiden Spezies bei einem Gen, das eine Schlüsselrolle bei der Hirnentwicklung spielt
Forscher aus den USA und Frankreich haben eines der Gene entdeckt, die wohl für die Entwicklung des menschlichen Gehirns entscheidend waren. Das Gen mit dem Namen HRA1F ist unter anderem im Gehirn von 7 bis 19 Wochen alten Embryos aktiv und spielt eine Schlüsselrolle bei der Entstehung der Großhirnrinde. Seit der Trennung von Mensch und Schimpanse hat es sich stark verändert, entdeckten die Forscher bei einem Erbgutvergleich. Welche Funktion das Gen genau hat, wissen die Wissenschaftler um Katherine Pollard von der Universität von Kalifornien in Santa Cruz allerdings noch nicht.

Seit das Erbgut des Schimpansen im Jahr 2005 vollständig entschlüsselt wurde, vergleichen Genforscher die Affengene mit menschlichen DNA-Sequenzen, um herauszufinden, was den Menschen von seinem nächsten Verwandten unterscheidet. Sie erhoffen sich aus den Unterschieden Aufschluss darüber, was den Menschen zum Menschen macht. Pollard ist in ihrer Studie nun auf 49 Sequenzen gestoßen, die sich zwischen Mensch und Schimpanse erheblich unterscheiden.

Am stärksten waren die Abweichungen dabei in einem Erbgutabschnitt namens HAR1F: Dort unterscheidet sich die menschliche Variante an 18 Stellen von der Schimpansenversion. Im Gegensatz zu den meisten Genen enthält diese Sequenz jedoch nicht die Information für den Bau eines Proteins, sondern den Bauplan für eine Verwandte der Erbsubstanz DNA, eine so genannte RNA. Diese Signalmoleküle spielen wichtige Rollen beim An- und Abschalten von Genen und bestimmen so, welche Proteine zu welcher Zeit produziert werden. Da HAR1F in direkter Nachbarschaft zu mehreren für die Gehirnentwicklung entscheidenden Erbgutbereichen liegt, vermuten die Forscher, dass die zu HAR1F gehörige RNA für die Kontrolle dieser Gene zuständig ist.

Dabei könnten die Veränderungen im menschlichen HAR1F-Gen beispielsweise die Länge oder die Form der RNA beeinflusst haben. Das hätte auch Auswirkungen auf ihre Kontrollfunktion und damit auch auf die Eiweiße gehabt, die auf ihre Anweisung hin gebildet werden. Die HAR1F-RNA könnte nach Ansicht der Forscher bei der Entwicklung des Neocortex helfen, also dem Teil der Großhirnrinde, der etwa für die Verarbeitung von Sinneseindrücken und für die Bewegung zuständig ist.

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